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Ehrenmedaille für Theodor Domej

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Geschichtsverein zeichnete den bekannten Slawisten und Historiker aus.

Sein „Lebensthema“ ist die politische und sprachliche Situation der Kärntner Sloweninnen und Slowenen. Gestern, Mittwoch, am Abend wurde Theodor Domej von Geschichtsvereins-Direktor Wilhelm Wadl die Ehrenmedaille des Geschichtsvereines für Kärnten überreicht. Domej wurde 1949 in Klagenfurt/Celovec geboren, ist Slawist und Historiker. Beruflich war er vor allem im Bildungsbereich tätig, zuletzt bis Ende 2014 als Fachinspektor für Slowenisch an mittleren und höheren Schulen in Kärnten. Wissenschaftliche Forschung betrieb er, wie er selbst sagt, immer „als Freizeitbeschäftigung sowie in einem Akt der zeitlichen und finanziellen Selbstausbeutung“.

Direktor Wadl hielt bei der Mitgliederversammlung des Geschichtsvereines im Kärntner Landesarchiv die Laudatio für Domej. Er betonte, dass sich der Ausgezeichnete seit 20 Jahren beim Geschichtsverein für Kärnten engagiert. „2004 schrieb er eine Begleitbroschüre für die Exkursion in die slowenische Hauptstadt Ljubljana/Laibach, die wir wegen des großen Interesses viermal wiederholen mussten“, so Wadl. Domej war zudem immer wieder Vortragender und verfasste zahlreiche Beiträge für das Vereins-Bulletin. Auch in der Herbstausgabe 2023 unserer Programmzeitschrift wird er wieder mit zwei Aufsätzen vertreten sein, verriet der Direktor.

Domej hebt ein unscheinbares Bruchstück einer um das Jahr 800 entstandenen Inschrift an der Außenmauer der Kirche in St. Peter am Bichl hervor: „Dort steht OTKER RADOSLAV. Der slawische Name Radoslav ist mit großer Wahrscheinlichkeit das weltweit älteste erhaltene slawische Wort, das in Stein gemeißelt wurde.“ 1550 wurde das erste slowenische Büchlein gedruckt und 1584 erschien – nur 50 Jahre nach Luthers deutscher Bibelübersetzung – eine vollständige slowenische Bibelübersetzung. „Die Phase des Protestantismus war für die slowenische Schriftlichkeit ähnlich prägend wie für die deutsche“, so Domej.

Eine Zäsur bedeutete das nationale Zeitalter, insbesondere die Jahre 1848 sowie 1860/61. „Es war eine konfliktreiche Atmosphäre mit systematischer Privilegierung einiger weniger und Diskriminierung vieler anderer Sprachen. Eine folgenreiche Identitätspolitik war gegen die slowenischen Emanzipationsbemühungen ausgerichtet. Die slowenische Sprache wurde negativ stigmatisiert und zur entbehrlichen gemacht. Das führte teilweise sogar zur Begründung manifester Gewalt. Auch in der Volksgruppe selbst wurden so Vorurteile über die eigene Sprache verinnerlicht“, sagt der Historiker.

„Unbewusste und bewusste Diskriminierung gibt es im Kontaktbereich vieler Sprachen und Ethnien. Da war und ist Kärnten kein Sonderfall“, betont Domej. Die Diskriminierung der slowenischen Sprache wurde in unserem Land insbesondere im 19. und 20. Jahrhundert von den gesellschaftlichen Eliten vorangetrieben. Den negativen Höhepunkt bildete die NS-Zeit mit dem Vorhaben, die slowenische Sprache in Kärnten ganz zum Verschwinden zu bringen – mit Deportationen, Verbannungen und massiven Verfolgungsmaßnahmen.

Für Domej ist es ein Faktum, dass Slowenisch in Kärnten auch heute in seiner Existenz bedroht ist. „In vielen Orten ist Slowenisch nicht mehr Alltagssprache, in tausenden Familien wird es nicht mehr von Generation zu Generation weitergegeben“, sagt er. Lichtblicke sind für ihn die hervorragenden Leistungen der Volksgruppe im kulturellen und künstlerischen Bereich. „Wohltuend ist auch, dass verbale und symbolische Angriffe abgenommen haben und im parteipolitischen Konkurrenzkampf die Situation der Minderheiten kaum noch als publikumswirksames Streitthema eingesetzt werden kann. Selbst die Gedenkpolitik bekam einen versöhnlichen Charakter“, betont Domej. Wesentlich sind für ihn die höheren Schulen mit slowenischer Unterrichtssprache. „Ihnen ist zu verdanken, dass die Zahl der Kärntnerinnen und Kärntner mit hoher Slowenisch-Kompetenz in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zunahm. Allerdings nahm gleichzeitig die Zahl der ‚Native Speaker‘ massiv ab. Das ist ein Paradoxon der Entwicklung in Kärnten. Die Assimilation schreitet also voran“, so Domej. Unverständlich ist es für ihn, dass es nur wenige betroffen zu machen scheint, „dass der Sprachtod reiche Ernte hält“.

Bekannt ist der Slawist und Historiker übrigens auch für seine außergewöhnlich große Bibliothek. Seine Frau ist ausgebildete Bibliothekarin und hat bisher 15.914 Einheiten inventarisiert, davon 8.844 deutsche und 4.219 slowenische Bücher. „Ein Leben ohne Bücher ist für mich nicht vorstellbar. Ich gebe aber zu, dass ich bei weitem nicht alle gelesen habe“, sagt Domej. Einige seiner Bücher sind wegen ihrer Botschaften auch nicht wert, gelesen zu werden, meint er: „Sie werden aber als Zeugen der Zeit und der Verirrungen aufbewahrt.“

Informationen: https://geschichtsverein.ktn.gv.at/

Redaktion: Markus Böhm, Pressereferent und Mitglied im Beirat des Geschichtsvereines

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